Die Wahl in Berlin ist vorbei. Die SPD und Michael Müller sind der kleinste Wahlsieger aller Zeiten und alle Zeichen stehen auf einer möglichen Rot-Rot-Grünen Koalition. Doch wie haben nicht beteiligte Fachleute die Wahl-Kampagnen gesehen? Wir haben Werbe- und PR-Profis , um ihre Einschätzungen zu den Wahlkampagnen gebeten.

Klaus Weise ist Geschäftsführer und Partner der Agentur Serviceplan Public Relations in München. Zuvor war er Geschäftsführer bei Weber Shandwick Deutschland.
Welche Kampagne hat sie am meisten beeindruckt und warum?

Sind ihnen Fehler in den Kampagnen aufgefallen oder gab es Dinge, die sie nicht nachvollziehen konnten?

begeistern oder Wahlen gewinnen”. Klaus Weise (Geschäftsführer Serviceplan) hingegen findet den Claim “Starkes Berlin” “kontraproduktiv, da sie den vorhandenen und nachvollziehbaren Wunsch vieler Bürger nach einem stärkeren und handlungsfähigerem Berlin aufgriff und bestätigte. Nur haben der regierende Senat und damit die CDU es gerade zu verantworten, dass Berlin nicht stark ist. Damit hat die CDU die Aufmerksamkeit auf ihre Schwäche gelenkt und damit der AFD indirekt geholfen”. Auch Heiko Kretschmer ist mit der “uneinheitlichen” Kampagne der CDU nicht zufrie

Gab es ein Kampagnenelement (technisch, grafisch, strategisch) von dem sie glauben, dass es auch über die Wahl hinaus als positives Beispiel für kommende Kampagnen dienen kann?
Haben die Parteien die richtigen Mittel gewählt, um die AfD “klein zu halten“?
Kretschmer ist der Meinung, dass man das AfD-Wahlergebnis wohl kaum als “klein” bezeichnen kann: “Insofern müssen die Mittel falsch gewesen sein, denn wo, wenn nicht im weltoffenen Berlin müsste das gelingen?” Heuel verspüre “ein wenig Erleichterung” bei dem nicht so hohen Ergebnis, weil “es nicht zu dem befürchteten Erdrutsch in Richtung AfD gekommen ist”. Die Flüchtlingspolitik und die innerparteiliche Debatte der CDU/CSU sei insofern bemerkenswert, “da sich die CDU faktisch von der Politik der offenen Grenzen längst verabschiedet hat, diese Kehrtwende aber bisher kaum kommuniziert”, findet KrisenPR-Profi Weise. Gleichzeitig werde von der CSU jedoch laufend genau diese Kehrtwende eingefordert. Die einzige nennenswerte Differenz sieht er in der Frage der Obergrenze, die vor dem Hintergrund des EU-Rechtes jedoch als ausgesprochen schwierig umzusetzen sei. Die Debatten über Burkaverbot oder Abschaffung des Doppelpasses empfindet Weise als reine Symbole – weit weg von tatsächlicher Relevanz. Am Ende habe die Dauerkritik der CSU an Angela Merkel den Blick auf die eingeläutete Kehrwende “versperrt und so die AfD munitioniert.” Das allererste Mittel, um die AfD klein zuhalten, sei laut Heuel zu verstehen, “was die Menschen wirklich bewegt und darauf inhaltlich eine Antwort zu finden. Und zu akzeptieren, dass man als etablierte Partei nicht einfach so weitermachen kann wie bisher”. Diese Antworten müsse man dann klar kommunizieren, doch das sieht der Kreativ-Chef aus Hamburg bis jetzt noch nicht: “Es nützt nichts, mit aller Kraft Bananen-Joghurt zu bewerben. Wenn alle lieber Erdbeer wollen.”
Welche Koalition würden sie Michael Müller nun aus strategischer Sicht empfehlen?
Für alle drei Profis steht fest, dass für Müller an Rot-Rot-Grün nun kein Weg vorbei führt. Dazu hätte er sich zu klar festgelegt. Weise rät Müller nun “die neue Koalition als Neuanfang darzustellen (…), sie sollte auch inhaltlich bei vielen Themen Neues wagen. Das geht mit dem alten Koalitionspartner nicht”. Für Kretschmer stellt sich die Frage, wie sich die SPD “in dieser Koalition profilieren kann, ohne immer als Bremser von grün oder rot zu wirken“.